Hans-Rudolf Gysins Uhr als Politiker ist abgelaufen, sein wichtigstes Projekt gescheitert: Der Direktor der Wirtschaftskammer Baselland war von der Mission beseelt, die Überlegenheit des Modells «Baselbiet» gegenüber dem Modell «Basel» nachzuweisen.

Bei jeder Gelegenheit polterte der abtretende freisinnige Nationalrat gegen den «aufgeblähten Staatsapparat» in der Stadt und die daraus resultierende, angebliche «Steuerhölle». Gegen Lastenausgleichs-Vorlagen führte er ins Feld, der Stadtkanton solle «zuerst seine Hausaufgaben machen». Diese Redeweise nahmen sogar besonnene Stadtpolitiker wie Peter Malama zeitweise auf.
Noch vor kurzem sandten Oberbaselbieter Gemeindepräsidenten gut gemeinte Spar-Rezepte ans rote Rathaus am Rhein. Heute hat sich das Spiel gedreht: Die vor Gesundheit strotzenden städtischen Bilanzen lassen Liestaler Politiker vor Neid erblassen.
In den Reihen der Regierungsparteien Basels macht sich über diese unerwartet rasche Wendung verhaltener Hohn breit. Solche Reaktionen sind psychologisch zwar verständlich, nach allem, was der Stadtkanton bis in die jüngste Vergangenheit an Spott hat über sich ergehen lassen müssen. Das Herumstochern in Wunden ist jedoch weder nützlich noch klug. Im Angesicht der ländlichen Misere wäre Besonnenheit der bessere Ratgeber.
Finanzpolitik ist der Schlüssel für beide Halbkantone, um die kommenden Jahrzehnte in gegenseitiger Zuneigung zu gestalten. Solidarität der Stadt, ohne Herablassung praktiziert, würde jetzt den Weg bereiten für ein gemeinsames, modernes Staatswesen. Dessen Effizienz könnte für die ganze Schweiz Vorbild sein – und das schneller als viele denken.
Mit einem Beitrag von beispielsweise 50 Millionen Franken pro Jahr in den nächsten drei Jahren an den leidenden Schwesterkanton – sei es als zinsloser Kredit oder als Geschenk – könnte Basel-Stadt Baselland aushelfen, ohne die eigenen Finanzen zu gefährden. Es geht nicht darum, sich die Sympathie der Baselbieter zu erkaufen, sondern um gelebte Solidarität zwischen Nachbarn, die auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen sind.
Wären Basel-Stadt und Baselland ein Kanton, würde genau diese Solidarität automatisch spielen und das ländliche Bildungswesen müsste nicht um seine Qualität bangen. Alle Lehrerinnen und Lehrer, deren Stelle jetzt bedroht ist, blieben im Amt. Denn der Stand Basel ist finanziell stabil.
Nur der Tatbeweis, eine ausgestreckte Hand, kann den Graben überwinden, der die Wiedervereinigung verunmöglicht. Um unserer Region neue Dynamik zu verleihen, brauchen wir dieses gemeinsame Projekt, ein produktives, politisches Ziel. Der Anstoss könnte heute von Basel kommen. Das Zeitfenster ist vielleicht kurz, aber weit offen.
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