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Kulturwandel für Nachhaltigkeit

Schlagwort: Kunstmuseum

  • Ein Hochhaus fürs Grossbasel

    Die Kontroverse um das geplante Parkhaus beim Kunstmuseum hat eine neue Wendung genommen. Jetzt liegt der Plan auf dem Tisch, 300 Parkfelder unter einem Neubau zu platzieren, den die Swisscanto an der Dufourstrasse 9/11 zu errichten gedenkt. Die Akzeptanz ihres Vorhabens testet die Grundeigentümerin gegenwärtig mit einem «generellen Baubegehren».

    Es ist ein erklärtes Ziel der Basler Regierung, den Wohnungsbau auf geeigneten Parzellen durch Verdichtung zu fördern. Jetzt bietet sich dafür – direkt bei der Grossbasler Altstadt – eine perfekte Gelegenheit.

    Viel interessanter als die Diskussion der Parkhausfrage erscheint mir der Blick auf die oberirdische Struktur. Swisscanto will das Bürohaus aus den 50er-Jahren durch einen Neubau mit Läden, Büros und 26 Wohnungen ersetzen. Dieser Vorschlag trägt dem besonderen städtebaulichen Potenzial der Lage kaum Rechnung. Es ist ein erklärtes Ziel der Basler Regierung, den Wohnungsbau auf geeigneten Parzellen durch Verdichtung zu fördern. Dies gilt ganz besonders für Orte, die durch den öffentlichen Verkehr gut erschlossen sind und nahe an Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, Arbeitsplätzen, Freizeiteinrichtungen und anderen städtischen Infrastrukturen liegen.

    Da die zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohner nur kurze Wege zurücklegen müssen, kann zentrales Wohnen die Verkehrsbelastung deutlich reduzieren helfen. Die Innenstadt lässt sich auf diese Weise beleben, und das lokale Gewerbe gewinnt neue Kundinnen und Kunden.

    26 Logis sind daher für die Dufourstrasse 9/11 deutlich zu wenige. Es hätten auf diesem Gelände weit über 100 Wohnungen Platz – in einem vielleicht 50 Meter hohen Turm. Diese Höhe würde es erlauben, auf dem Grundstück trotz Verdichtung Raum frei zu halten für einen lauschigen, öffentlichen Kleinpark zum Museumsneubau hin. Zudem ist es nicht egal, was im Erdgeschoss eines Hauses geschieht, das in unmittelbare Nachbarschaft einer Kunststätte von globalem Rang zu stehen kommt. Beispiele für öffentliche Nutzungen an dieser Stelle wären ein Galerienzentrum, Verkaufslokale für die Kreativwirtschaft oder experimentelle Räume.

    Doch zurück zum Hochhaus: Dieses würde einen wünschenswerten Akzent in der Silhouette des Grossbasel setzen. Besonders reizvoll wäre der Dialog des neuen Gebäudes mit den Türmen von Münster und Elisabethenkirche, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, aber auch mit dem 70 Meter aufragenden Lifescience-Forschungszentrum der Universität Basel am anderen Ende der Altstadt, beim Schällemätteli.

    Eher früher als später wird auch das Klinikum II des Unispitals ersetzt, dessen Grundstrukturen eine zeitgemässe Renovation kaum mehr zulassen. Auch dieser Neubau wird nicht mehr – wie der heutige – ein klein wenig, sondern deutlich über die Dächer der Altstadt hinausragen. Damit würden neue Orientierungspunkte gesetzt. Und die Turmlandschaft, die gegenwärtig auf der Kleinbasler Rheinseite in den Himmel wächst, erhielte ein ansprechendes Gegenüber.

  • Lasst euch provozieren!

    Kunstmuseums-Direktor Bernhard Mendes Bürgi zeigt ab 17. März 2013 die spannendsten Werke Pablo Picassos aus öffentlichem oder privatem Besitz der Region Basel. Co-Kuratorin Nina Zimmer verspricht – aufgrund ihrer «aufwendigen Recherchen» – eine Darstellung aller Werkphasen des Spanischen Meisters «auf höchstem Niveau».

    Grosse Geschichte lastet schwer. Versperrt der ständige Rückblick Basel die Zukunft? Oder kommt es zur breiten Debatte über die Rolle von Kunst und Kultur in der globalen Krise? Es gibt zaghafte Anzeichen, dass in Basel wieder Innovation entsteht. (Bild: Ernst Beyeler und Pablo Picasso, Mougins, 1969, Fotograf unbekannt © Beyeler Museum AG)

    Das ist schön und gut und sogar originell. Denn erstmals bekommt das landläufige Publikum Einblick in eine repräsentative Auswahl der Sammel-Leidenschaft wohlhabender Mitbürgerinnen und Mitbürger. Gerade dank der Beschränkung auf einen Künstler, erfahren wir mehr über die Geschmäcker und Seelenlagen jener Zeitgenossen, die sich Picassos leisten können.

    Als zweiten Programmpunkt dieser Sonderschau kündigt das Kunstmuseum eine Dokumentation über das «legendäre Picasso-Jahr 1967» an. Diese Geschichte ist nun wirklich zum Gähnen. Jedes Kind weiss, dass Basel-Stadt damals per Abstimmung zwei Picasso-Bilder gekauft hat. Ein Staatskredit von 6 Millionen und private Spenden von 2,4 Millionen Franken erlaubten es dem Kunstmuseum, die Leihgaben «Les deux frères» und «Arlequin assis» zu erwerben. Der Sammler Rudolf Staechelin brauchte das Geld.

    Bis zum Abwinken zelebriert und nacherzählt worden ist die Ergriffenheit Picassos, der angesichts des volkstümlichen Verdikts der Stadt weitere Werke schenkte. Es ist zu befürchten, dass wir auch diese Episode wieder des Langen und des Breiten werden über uns ergehen lassen müssen. Was damals eine Sensation war, ist heute nur noch Nostalgie. Ausser es gelingt dem Kunstmuseum hinter diese Legende zu leuchten und neue, bisher unbekannte Fakten zu Tage zu fördern. Wir sind gespannt.

    Der damalige Aufbruch führte 1970 zur Gründung der Art Basel. Seither und bis vor einem Jahrzehnt prägte Basel die Entwicklung der Kunstwelt mit. Das Museum für Gegenwartskunst im St. Alban Tal beispielsweise war 1980 der erste Europäische Ausstellungsbau, der sich ausschliesslich zeitgenössischer Kunst widmete. Als weiterer Meilenstein wäre das etwas verschwiegene, aber weitherum respektierte Schaulager in Münchenstein zu erwähnen. Es wurde 2003 eröffnet.

    Grosse Geschichte lastet schwer. Versperrt der ständige Rückblick Basel die Zukunft? In den Galerien regt sich neues Leben. Das Kunstmuseum erhält einen Anbau. Wird es ein Museum der Vergangenheit oder der Gegenwart? Kommt es zur breiten Debatte über die Rolle von Kunst und Kultur in der globalen Krise? Es gibt zaghafte Anzeichen dafür, dass die Diskussion ausgetretene Pfade verlässt und gerade hier und heute wieder Innovation entsteht. Bis zum 17. März 2013 hat die Basler Kunstwelt Zeit, einen Kontrapunkt zu Mendes Bürgis Picasso-Nostalgie vorzubereiten. Lasst euch von ihm provozieren!