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Kulturwandel für Nachhaltigkeit

Schlagwort: Investitionen

  • Global denken – lokal investieren

    Kommt die Rede auf Staatsausgaben, wird viel zu selten unterschieden zwischen laufenden Kosten und Investitionen. Während die laufenden Kosten in der jährlichen Budgetdebatte hohe Wellen werfen, gibt der Kanton schnell einmal Hunderte von Millionen Franken für neue Kanalisationen oder Schulhäuser aus, ohne dass dies gross auffällt. Noch weniger Tagesgespräch sind die Investitionen der staatlichen Vorsorgeeinrichtungen. Der Zürcher Pensionskassen-Skandal hat uns vor Augen geführt, dass hier in manchen Fällen kaum jemand durchblickt – nicht einmal die Aufsichtsorgane.

    Die Pensionskasse Basel-Stadt und die Kantonalbank haben das Potenzial, durch innovative Finanzierungsmodelle anstehende öffentliche Bauvorhaben (wie beispielsweise den Ausbau der S-Bahn) zu beschleunigen. Doch die Politik schläft – wie lange noch?

    Es ist die noble und einzige Aufgabe der Pensionskassen, den Pensionierten ein anständiges Leben zu ermöglichen. Das bedeutet einerseits, eine gute Rente zu bezahlen, basierend auf Erträgen der Finanzanlagen. Anderseits sollten die Pensionskassen mit ihren Investitionen dazu beitragen, dass die Pensionierten (und alle anderen) in einer lebenswertem Umwelt leben können. Etwa indem sie regionale Arbeitsplätze finanzieren oder Wohnungsbau. Oder Solarenergie. Was nützt mir eine schöne Rente, wenn mir die Welt, in der ich lebe, um die Ohren fliegt?

    Heute kümmern sich höchstens vereinzelte Vorsorgeeinrichtungen um die Auswirkungen ihrer Anlagen auf die Lebensqualität der Pensionierten. Basel stehen riesige Investitionen bevor. Allein der Ersatz oder die Erneuerung des Universitätsspitals am Petersgraben und der Ausbau der Regio S-Bahn kosten je eine Milliarde Franken oder mehr. Damit sind anstehende Investitionen in Bildungsinstitutionen, das neue Naturmuseum oder die Weiterentwicklung des Tramnetzes noch nicht finanziert.

    In jedem Fall muss sich der Kanton neu verschulden. Weshalb nicht bei der eigenen Pensionskasse? Die landläufige Antwort lautet: Weil es ein Klumpenrisiko darstellen würde, Geld in dieselbe Wirtschaft zu pumpen, von der die Pensionskasse lebt. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Auf der anderen Seite hält jede Pensionskasse Anleihen in Fremdwährungen und geht damit ein deutlich höheres Risiko ein, bei Kursschwankungen enorm viel Geld zu verlieren.

    Die hohe Verschuldung vieler Staaten lässt den Wert von Auslandsinvestitionen ohnehin fragwürdig erscheinen. Fast alle Länder drucken massenhaft Geld. Darauf folgt Inflation wie das Amen in der Kirche. Die beste Absicherung gegen dieses Risiko bilden Investitionen in lokale Realwerte von öffentlichem Interesse. Im Verbund mit der Kantonalbank könnte zum Beispiel die Pensionskasse Basel-Stadt massgeschneiderte innovative Finanzierungslösungen für kantonale Projekte anbieten, die der Staat nicht allein stemmen kann. Dabei müssten die Pensionierten nicht auf Rendite verzichten. Und sie könnten gleichzeitig etwas Gutes für kommende Generationen tun.

  • Schulden kommt von selber schuld

    Eva Herzog warnt. Die Basler Finanzdirektorin, die in allen Parteien hohes Ansehen geniesst, rechnete kürzlich vor, wie es um die Zukunft der kantonalen Investitionen steht. Zu «Online-Reports» sagte sie: «Wir sehen (…) eine starke Steigerung der Nettoinvestitionen auf circa 500 Millionen Franken im Jahr 2015. Ab 2016 werden sie sich bei rund 400 Millionen einpendeln – und dies ohne Spitäler.»

    Nach der geplanten Senkung der Unternehmenssteuern fehlt Basel das Geld für dringendste Investitionen, zum Beispiel die Sanierung oder den Neubau des Klinikums II (Bild: Keystone). Das widerspricht den Interessen von Bevölkerung und Wirtschaft.

    Die anstehenden Investitionen sind allesamt sinnvoll und unbestritten: Die Sanierung der Volksschulen, der Ausbau der Universität und die Weiterentwicklung der öffentlichen Verkehrsmittel sichern die Lebensqualität der Bevölkerung und die Standortattraktivität für die Wirtschaft. Die 400 Millionen Franken pro Jahr reichen aber nur für das Allerdringendste. Schon dafür müsse sich der Kanton neu verschulden, sagte Herzog weiter.

    Somit handelt es sich beim heutigen Finanzplan – wenn auch unausgesprochen – um ein Notprogramm. Wie Eva Herzog erwähnt, sind etwa die Spitäler nicht berücksichtigt. Mit anderen Worten: Ein anstehender Neubau oder eine gründliche Renovation des Klinikums II bleibt ohne noch höhere Schulden ausser Reichweite.

    Ebenfalls fehlt das Geld für den Neubau des Hafenbeckens 3 und des Terminals Nord, zwei zentrale Projekte der Wirtschaft. Ohne diese Investition bleibt die Idee eines neuen Quartiers auf der Rheininsel und rund um das Dreiländereck ein schöner Traum. Die unterirdische Verlegung der Osttangente, die Vorfinanzierung des Wiesenberg-Tunnels, die Deckelung der Elsässer Bahn und der «Central Park» oder ein modernes Naturmuseum – alles Pläne zum Vergessen.

    Die wachsende Bevölkerung braucht neue Wohngebiete, wenn Mietzinse nicht ins Unendliche steigen sollen. Die prosperierende Wirtschaft ist auf Logistik-Plattformen angewiesen. Jeder Franken dieser Investitionen löst beim Gewerbe ein Mehrfaches an Umsätzen aus. Mit der beantragten Steuersenkung fehlten Jahr für Jahr 48 Millionen Franken, um solche Vorhaben zu bezahlen. So würden (in Kombination mit der an sich sinnvollen Schuldenbremse) lebenswichtige Investitionen abgewürgt.

    Ein Gemeinwesen, das sich mit eingeschnürtem Brustkorb bewegen muss, droht zu ersticken. Natürlich schauen Firmen auch auf den Preis (also die Steuern), aber ebenso auf die Leistung (also die Infrastruktur). Das Preis-Leistungs-Verhältnis für die Wirtschaft stimmt nicht mehr, wenn Basel nicht mehr investieren kann. Attraktive Kulturangebote, gute Schulen und zuverlässige Verkehrsverbindungen dienen unserer wirtschaftlichen Zukunft besser als ein paar Prozente Steuerersparnisse. Langfristig werden uns auch Eva Herzog und mit ihr die ganze Wirtschaft dankbar sein, wenn wir die Investitionsblockade ablehnen.