Journalistenkollege Michael Bahnerth hat ein bahnbrechendes System erfunden, das definitiv niemanden mehr überfordert: Die Trinkgewohnheiten der Politiker entscheiden über ihre Wahl. Wer, wie Regierungspräsident Guy Morin, in Moskau lieber Grüntee trinkt als Wodka, gehört vom Volk als Softie abgestraft: Er ist ein «König ohne Macht». So das Fazit von Bahnerths Frontgeschichte in der letzten Sonntags-BaZ.

Der Gedanke ist genial: All die komplizierten Angebote im Internet, die uns beistehen sollen bei der richtigen Entscheidung, werden überflüssig. Sorry «smartvote» und zum Teufel mit Politbarometern wie «vimentis.ch». Der Schlüssel zum Verständnis eines Magistraten ist sein bevorzugtes Getränk.
Grüne trinken also laut Bahnerth Grüntee. Grünliberale wahrscheinlich Pepita. Sozialdemokraten bevorzugen aufgrund der Farbe Campari. Damit ist endlich entlarvt, wohin diese Partei schon lange driftet: Sie ist vom Arbeiter-Bündnis zur Intellektuellen-Clique mit Cüpli-Allüren verkommen.
Die SVP hingegen trinkt Bier. Nein, pardon, die BDP trinkt Bier, ihre Grundfarbe ist ja gelb (und der Harassenlauf wohl ihre wichtigste Demo). Was trinkt demnach die SVP? Es ist ein gut gehütetes Geheimnis, aber die Parteifarbe bringt es auch hier an den Tag: Grün. Also Absinth. Die «grüne Fee» verursacht laut Wikipedia «Schwindel, Halluzinationen, Wahnvorstellungen, Depressionen, Krämpfe, Blindheit sowie geistigen und körperlichen Verfall». Da haben wir’s! Vor allem Schwindel und Krämpfe gehören in der SVP zum täglichen Brot.
Bei der FDP habe ich lange recherchiert. Dann bin ich auf Coca-Cola gestossen: Die amerikanische Limonade erinnert FDP-Mitglieder wehmütig an die Zeiten, als sie noch ungestraft in den USA Steuerhinterzieher anlocken durften.
Katholischer Tradition entspricht, dass die CVP Wasser predigt, aber Wein trinkt. Die Basta ist ein Basler Sonderfall, aber Wodka trinken auch die Linken nicht. Da haben sie sich allzu sehr von Moskau emanzipiert – oder umgekehrt. Vielleicht Tequila oder Bacardi? Wahrscheinlich eher Bio-Süssmost. Bald vertrocknet sind die Liberalen, da sie am liebsten gar nichts trinken.
Für die Wählerinnen und Wähler ist die Welt einfacher geworden: Voten Sie für Ihr Lieblingsgetränk! Sag mir was Du trinkst, und ich sage Dir, wer Dein Polit-Held ist. Unter dem Strich kommt es vielleicht auf dasselbe hinaus wie heute, erspart aber viele Mühen und Auseinandersetzungen mit Inhalten. Fatal wäre allerdings, wenn das Volk sich irrte, wie Michael Bahnerth: Guy Morin mag nämlich keinen Grüntee. Was er hingegen liebt, ist Verveine, auf Deutsch Eisenkraut. Perfekte Tarnung: Hinter dem Grüntee-Softie lauert der stahlharte Macho! Putin zittere! Das Beispiel zeigt: Auch bei der Anwendung des neuen Systems kommen wir nicht um präzise Recherchen herum.
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