Bundesrat Ueli Maurer beeindruckte die Eröffnungsgäste der muba durch rhetorische Brillanz. Viele Zuhörerinnen und Zuhörer mussten ihr Vorurteil revidieren, wonach der SVP-Magistrat kaum drei Wörter aneinanderreihen kann. Seine 15-minütige, frei gehaltene Rede kreiste um die Stichworte Sicherheit, Wettbewerb und Freiheit.

Sicherheit ist sein Beruf. Als Chef der Armee verkaufte er mit diesem Schlagwort die Leistungen seines Departements. Angesichts des vielfältigen Angebots an der muba kam ihm der Wettbewerb in den Sinn, der dieses bunte Gemisch an Waren und Dienstleistungen erst ermöglicht habe.
So weit so gut.
Das Thema Freiheit bezog Mauerer direkt auf die Regelungsdichte, die den Wettbewerb behindere und damit einen Schweizer Erfolgsfaktor torpediere. Der Zürcher beklagte, dass Bundesbern allein im letzten Jahr neue Gesetzestexte, Reglemente und Richtlinien im Umfang von 6500 Seiten veröffentlicht habe. Auch 2012 sei man mit bisher 1500 Seiten schon auf rekordverdächtigem Kurs. Den Anteil des Militärs an diesem stolzen Werk verriet er allerdings nicht.
Als Gegenstände der beargwöhnten Regulierung nannte der Bundesrat unter anderem den Jugendschutz, den Artenschutz und den Klimaschutz, die er gnädig mit dem Attribut «sympathisch» bedachte. Sympathisch, aber überflüssig, wie er suggerierte: Die Freiheit sei durch solche Staatstätigkeit bedroht.
Diese Argumentation erntete tosenden Beifall von den 400 anwesenden Honoratioren aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft, Armee und Medienwelt, die Messepräsident Ueli Vischer zuvor, traditionsgemäss langatmig, begrüsst hatte. Es ist Mode, weniger Gesetze und weniger Bürokratie zu fordern. Dasselbe tut die Initiative der Freisinnigen Partei, die letzte Woche eingereicht wurde.
Der Applaus der muba-Eröffnungsrunde macht Maurers Aussagen nicht wahrer: Es ist ein Mythos, dass Gesetze per se auf Einschränkungen abzielen. In vielen Fällen sichern sie die Freiheit des Einzelnen. Ebenso oft setzen sie der Staatsmacht Grenzen. Gesetzlos sind nur die Anarchie und die Diktatur. Ein starkes Regelwerk zum Schutz der Schwächeren ist Grundlage und Rahmen jeder Marktwirtschaft. Generell gegen Gesetze wettern nur jene, die aufgrund ihrer Machtposition keines Schutzes ihrer Freiheit bedürfen.
Doch selbst hier gibt es keine Regel ohne Ausnahme: Ueli Maurer kritisierte die Aufweichung des Bankgeheimnisses als weiteres Indiz für die Einschränkung von Freiheiten. Rückfrage des einfachen Bürgers: Füllen die Regeln, die das Bankgeheimnis festschreiben, nicht auch Hunderte wenn nicht Tausende von Seiten? Und ist es nicht die SVP, die diesen Grundsatz gar in der Verfassung verankert sehen möchte? Auf diesen Paragraphen, Herr Bundesrat, können wir gerne verzichten.
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