Der Sommer ist die Zeit des leichten Seins. Vieles, das wir haben, ist aus dem Auge, aus dem Sinn: Mäntel, Handschuhe, Skis, Schneeschaufeln, Heizungen, Konserven, Glühwein – Ballast. Aber nötig sind die warmen Sachen und deshalb sorgfältig verstaut. Denn – ob wir’s wahr haben wollen, oder nicht – der Winter kommt wieder. Ein gutes Leben sorgt vor. Sonst beschleicht uns die Angst vor der Zukunft.

Ob Sommers oder Winters, wir brauchen Dinge. Und da alle Menschen aus dem gleichen Holz geschnitzt sind, ist ihr materieller Bedarf auch ähnlich, könnte man meinen. Stimmt so nicht: Es gibt beispielsweise Leute mit zwei grossen Autos und solche ohne. Manche haben das Gefühl, sie müssten jährlich einmal das Meer sehen – andere kommen nicht ohne Berge aus. Er trägt immer blau, aber nie orange – sie hält es umgekehrt. Es gibt Abba-Aficionados und Beethoven-Bewunderer, und aus diesem Grund DRS1, DRS2 und viele weitere Sender mehr. Wir leben in einer Gesellschaft mit vielfältigen Bedürfnissen und Wahlmöglichkeiten.
Was nach einer banalen Aufzählung tönt, trifft den Kern der Debatte, die wir gerade am Weltrettungsgipfel Rio+20 erlebt haben. Die armen Länder sagten: «Unsere Bevölkerung hat viele Bedürfnisse und wenige Wahlmöglichkeiten. Wir wollen die Ausweitung unserer Optionen nicht bremsen, nur weil es der Umwelt schlecht geht. Zuerst sollen die reichen Länder ihre Wahlfreiheit einschränken, dann folgen wir ihnen.» Das lehnen die Politiker der reichen Länder ab, da sie sonst abgewählt würden. Als Alternative bieten sie die «grüne Wirtschaft» an: In einer effizienten Güterproduktion sowie in einem sparsamen Ressourcenverbrauch sehen sie den Ausweg.
Wohin geht die Reise? Erstens müssen wir anerkennen, dass es unterschiedliche Bedürfnisse gibt. Nicht alle brauchen gleich viel. Aber generell ist es wohl weise, sich auf weniger einzustellen, vor allem auf einen tieferen Material- und Energieverbrauch. Worauf sollen wir verzichten? Die Kunst besteht darin, mehr immaterielle Wahlmöglichkeiten zu schaffen und diesen den gleichen Wert beizumessen wie dem Dinglichen.
Hier liegt Basels Zukunft. Unsere Stadt hat alle Möglichkeiten und das intellektuelle Potenzial zum Lebensgenuss mit weniger Geld und Material. Das pietistisch-protestantische Erbe Basels begünstigt das Sparen. Unsere humanistische Tradition inspiriert uns zum sozialen Ausgleich, aber auch zur Freude an der Debatte, an Kunst und Wissenschaft. Konsum und materieller Besitz stehen als Statussymbole seltener als anderswo im Vordergrund.
Wenn Geist über Geld steht, sind die Voraussetzungen gut, dass wir Ideen, Initiativen und Lebensformen entwickeln, die zukunftsfähig sind und den gordischen Knoten von Rio+20 durchtrennen helfen. Basel ist eine Stadt der kurzen Wege. Abwechslung ist leicht, auch dank der Grenznähe. Das Kulturleben und die Bibliotheken, der öffentliche Verkehr und die Spielplätze sind von hoher Qualität. Wo denn, als hier, lässt’s sich einfacher leben?
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