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Kulturwandel für Nachhaltigkeit

Das Traumpaar Basel & Biel

Alle reden von der Krise. Wie die Südeuropäische Jugend wirtschaftlich ausgehungert und ihrer Zukunft beraubt wird, hat Dimensionen angenommen, die mit der Menschenwürde nicht mehr vereinbar sind. Die Schweiz schwimmt oben auf, als eine Insel der Seligen.

Das Vermögen der Volkswirtschaften in der Region Basel-Biel nimmt trotz Krise deutlich und überdurchschnittlich zu. Hier konzentrieren sich Reichtum und Macht nicht nur während der «Basel World». Dass kaum jemand Notiz davon nimmt, hat einen guten Grund. (Bild: Keystone)

Und auf dieser Insel gibt es einen Garten, dessen Blumen einen geradezu paradiesischen Duft verströmen: Die Region Basel-Biel. Das ist die Heimat der einzigen beiden Schweizer Branchen, die heute höhere Exporte aufweisen als vor Beginn der Krise: Chemie/Pharma bestreitet gegenwärtig rund 37 Prozent, Uhren/Präzisionsinstrumente etwa 18 Prozent der Ausfuhren. Die prosperierende Wirtschaft der Region ist verantwortlich dafür, dass unser Land seit zehn Jahren einen Handelsbilanz-Überschuss aufweist, nachdem zuvor ein Jahrhundert lang Handelsbilanz-Defizite resultierten.

Mit anderen Worten: Das Vermögen der Volkswirtschaften in unserer Ecke der Schweiz nimmt weiterhin deutlich und überdurchschnittlich zu. Reichtum und Macht verlagern sich zunehmend hierher. Der einzige Grund, weshalb dies nicht deutlicher spürbar ist, ist die fehlende Kooperation zwischen den beiden Polen Basel und Biel. Auf der direkten Eisenbahn-Verbindung gibt es nicht einmal eine durchgehende Doppelspur, dafür eine Spitzkehre in Delémont. Mit dem Auto ist der Weg noch mühsamer. In Kultur, Politik und Wirtschaft ist das Bewusstsein des gemeinsamen Schicksals wenig ausgeprägt.

Wenn es in der Schweiz ein Erfolgsmodell für Standortförderung durch Kooperation gibt, dann ist es der «Arc Lémanique» (auf Deutsch: Der Genferseebogen). Noch vor 15 Jahren waren sich die Regionen Genf und Lausanne so fremd wie Basel und Biel – und dazu noch spinnefeind. Es brauchte die Initiative von klugen Politikerinnen, Managern und der Hochschulen, um diesen Bann zu brechen. Und ein Denken in Zusammenhängen: Jede Stadt für sich allein hatte kein Brot in Bern, hatte einen zu kleinen Arbeitsmarkt, um international zu bestehen, konnte keine Bildungsinstitutionen finanzieren, die für Spitzenkräfte attraktiv waren. Zusammen erreichten Genf und Lausanne die kritische Masse, welche die Voraussetzung bildeten, um solche Barrieren zu überwinden.

Ebenso sind Basel und Biel natürliche Verbündete. Und sie haben gemeinsame Interessen. Obwohl doppelt so weit entfernt, übt Basel auf Biel wirtschaftlich und kulturell eine deutlich grössere Anziehungskraft aus als Bern. Auf einen gemeinsamen Nenner bringt dies die jährliche Uhren- und Schmuckmesse Basel World. Basel hat starke Logistikangebote sowie gute Verkehrsverbindungen zu bieten – ausser nach Biel. Neben einer schnellen, direkten Bahnlinie könnten gemeinsame Institutionen, zum Beispiel in der Bildung oder im Gesundheitswesen, die Kooperation befeuern. Der Jura kann ja auch verbinden, anstatt wie heute zu trennen.

Kommentare

5 Antworten zu «Das Traumpaar Basel & Biel»

  1. Avatar von Walter Helbling
    Walter Helbling

    Als Eisenbahnfreak würde mich natürlich interessieren, wie der Autor sich eine schnelle, direkte Bahnlinie nach Biel vorstellt. Per Luftlinie trennt die beiden Städte eine Distanz von 53 Kilometern; sollte dementsprechend eine Reisezeit unter einer halben Stunde angestrebt werden? Oder ginge es lediglich darum, deutlich unter eine Stunde zu kommen? Je nachdem könnten ev. ein paar Kurvenbegradigungen und eine Umfahrung des Wendebahnhofs Delémont ausreichen, oder aber es müsste eine komplett neue Juraquerung etwa zwischen Aesch und Solothurn ins Auge gefasst werden.

  2. Avatar von Dennis Briechle
    Dennis Briechle

    Interessanter Artikel, interessante Perspektive. Wenn schon über die Beziehung von Basel und Biel geschrieben wird, dann schreit dies förmlich auch noch nach der historischen Komponente: Biel gehörte während Jahrhunderten zum Fürstbistum Basel und bildete die Grenzstadt zum bernisch kontrollierten Gebiet. Dies äusserte sich auch darin, dass der damals in Biel gesprochene Dialekt, das Bieldütsch, dem Baslerdeutsch näher war als dem Berndeutschen, wie heute noch alte Inschriften in der Bieler Altstadt belegen. Der Dialekt ist heute (leider) verschwunden.

  3. Avatar von Aerni Regula
    Aerni Regula

    liebe Regula,

    Dieser Artikel wird Euch bestimmt freuen. Viel Vergnügen.

    Dani Wiener ist ein optimistischer Berner Journalist, der schon lange in Basel wohnt und immer wieder Anstösse für die Gestaltung der Zukunft macht.

    liebe Grüsse und e schöne Obe
    Hansrudolf Aerni

  4. Avatar von Ruedi Meyer
    Ruedi Meyer

    In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wo Biel heute wäre, wenn nicht Bankverein und Bankgesellschaft, ferner ein bisschen die Berner Kantonalbank, die praktisch konkursiten SSIH und Asuag gerettet und Für N. Hajek flottgemacht hätten? Für Biel betroffen war vorallem Omega
    Natürlich haben die Revisionsgesellschaften nichts gemerkt.

    Das ist eben die andere Seite von «To big to fail».

  5. Avatar von Kurt Seiler
    Kurt Seiler

    Hmmm… da gibt`s schon einige Gemeinsamkeiten:
    – beides Randregionen
    – beide Monokultur in der Wirtschaft
    – beide die besten Zeiten wohl hinter sich.
    – bei beiden leider im Stadtbild die Tendenz zur Verlotterung/Verwahrlosung.
    Ich frag mich ob das jetzt gute Gründe sind für einen Annäherungsversuch.
    In der Mathematik gibt Minus mal Minus gleich Plus. Aber hier, Basel und Biel ??

    Oder ganz andes ausgedrückt: Warum zum Henker tut man sich am Rheinknie dermassen schwer mit einer Annäherung an Zürich. Bestens verbunden und höchst attraktiv. Was will man mehr.

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