Von CVP-Präsident Christophe Darbellay hätte ich erwartet, dass er als Vertreter einer demokratischen Partei nach Annahme der Landschaftsschutz-Initiative sagen würde: «Ok, ich war dagegen, aber jetzt gilt es, den Volkswillen umzusetzen.» Nichts dergleichen geschah. Als das Ergebnis fest stand, konzentrierte sich der Walliser Politiker darauf, Ausnahmen von der neuen Verfassungsregel zur Beschränkung des Zweitwohnungsbaus zu fordern. Den Grund dafür enthüllte er tags darauf selbst.

In seiner Aufregung plauderte Darbellay die sonst am besten gehüteten Geheimnisse des inneren Machtzirkels unseres Landes aus: «Economiesuisse wollte die neuen Mitteparteien einspannen. Darum hat die Grünliberale Partei (GLP) den Lead erhalten. Wir wurden mit einer anderen wirtschaftsrelevanten Kampagne beauftragt»
Economiesuisse «beauftragt» also die CVP, während die GLP gar «eingespannt» wird. Trotzig rapportierte der stramme Polit-Soldat Darbellay nach verlorener Schlacht: «Die CVP hat sich mit ihren Exponenten sehr stark engagiert. In allen CVP-Stammlanden mit Ausnahme von Jura und St. Gallen wurde die Initiative deutlich abgelehnt. Die CVP ist sicher nicht schuld an diesem Ergebnis.» Mit anderen Worten: Das Geld muss weiter fliessen.
Es passiert immer häufiger, dass die Diskussion über eine Initiative erst losgeht, nachdem sie an der Urne angenommen worden ist. Der Grund dafür ist die Steuerung der Politik durch Economiesuisse, wie ein verzweifelter Darbellay im gleichen Interview bestätigte: «Die Wirtschaftsverbände, vor allem Economiesuisse (…), haben das Berggebiet im Stich gelassen. Sie wollten nicht wahrhaben, dass die Sache doch gefährlich war.»
Der Wirtschaftsdachverband bestimmt also, wer wo agiert und mit welchen Mitteln ausgestattet wird. Und wenn die Damen und Herren in der Zürcher Zentrale die Lage falsch einschätzen, dann knallts. «Beauftragte» Lakaien wie Darbellay dürfen dann den Schaden begrenzen, indem sie eilfertig Ausnahmebestimmungen fordern.
Die bürgerlichen und auch die Mitteparteien sind nur noch Alibi und offenbar käuflich. Schon im Vorfeld der Abstimmung über die Landschaftsschutz-Initiative habe ich mir die Augen gerieben, als die GLP die Nein-Parole ausgab. Jetzt wissen wir, weshalb. Schon fast heldenhaft erscheint in diesem Licht betrachtet das Ausscheren der GLP Basel-Stadt mit ihrer Ja-Parole.
Herr Darbellay deckt die Machtverhältnisse schonungslos auf. Dafür sollten wir ihm dankbar sein. Wir wissen jetzt, dass die neue Basler Lobbying-Stelle nicht ins Bundeshaus gehört, sondern nach Zürich, ins Schattenkabinett des Wirtschaftsdachverbandes. Und jede Partei sollte verpflichtet werden, ihre Geldquellen offen zu legen.
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