Anna Schmid hatte am Dienstag dieser Woche einen guten Tag. Mit einem Glas in der Hand nahm die Direktorin reihenweise Gratulationen entgegen, für ihr neu eröffnetes Museum der Kulturen («MuKu»). Das Wetter spielte mit, weshalb sich das Vernissagen-Volk unter freiem Himmel im Hof und auf dem Münsterplatz zusammenrottete. Jung und alt zirkulierte ab und an in den neuen Räumen und Ausstellungen.

Ein zufällig herausgegriffener Internet-Auftritt eines Hotels präsentiert den Gästen das «MuKu» wie folgt: «Das Museum der Kulturen ist ein traditionsreiches Völkerkundemuseum am Münsterplatz in Basel. Es gilt als grösstes ethnologisches Museum der Schweiz. Der Kanton Basel-Stadt ist Träger des Museums, welches rund 300 000 Objekte sowie ebenso viele historische Fotografien beherbergt. Die Sammlung umfasst Objekte aus Europa, Altägypten, Afrika, Asien, Altamerika und Ozeanien, darunter ein mehr als 10 Meter hohes Kulthaus der Abelam in Papua-Neuguinea.»
Viele kamen zum Staunen nicht heraus: Von den im Internet beschriebenen, epochalen Sammlungen, die bis vor wenigen Wochen die Szene im damals heruntergekommenen Bau dominierten, ist fast nichts mehr zu sehen – mit Ausnahme des nach wie vor dominanten Abelam-Zeltes, das beinahe schon Nostalgie-Gefühle weckt. Fast alle restlichen 599 999 Artefakte schlummern – wohlbehütet, nehme ich an – in Kellern und Lagern.
Schon immer konnte das Museum nur einen Bruchteil seiner Sammlung zeigen. Jetzt ist es noch weniger – ganz bewusst. Die Inszenierung ist minimalistisch, intellektuell anspruchsvoll und äusserst gelungen. Die Besucherin, der Besucher ist Teil der Ausstellung, wird in der Auseinandersetzung mit den Inhalten – in den Worten der Direktorin – «auf sich selbst zurückgeworfen». Genau darauf zielt jedes gute Kunstmuseum ab – seine Werke sollen provozieren, unser ästhetisches Empfinden ansprechen und beeinflussen, uns einen neuen, verdichteten Blick auf die Welt und den Alltag öffnen. Dies ist beispielsweise in der «Muku»-Ausstellung über Chinatown exemplarisch zu erleben.
Somit wurde am Dienstag in Basel ein neues Kunstmuseum eröffnet – und das ist gut so. Eine kleine Stadt wie Basel kann nicht alles. Die Fokussierung auf Kunst ist sinnvoll. Das Antikenmuseum ist unser Museum der antiken Kunst. Das historische Museum ist ein Museum, das die Basler Geschichte neu aufarbeiten und auch aktualisieren sollte – warum nicht mit dem neuen Ansatz des Museums der Kulturen? Selbst das naturhistorische Museum könnte sich von dieser Idee inspirieren lassen. So wird Basel aus der Europa- in die Weltliga der Kunstplätze aufsteigen. Anna Schmid konnte sich dem Sog der Kunststadt nicht entziehen – die Bevölkerung wird ihren innovativen Ansatz zunächst skeptisch und langfristig begeistert mittragen.
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