Der Messerstecher aus dem geschmacklosesten Inserat, das die SVP je geschaltet hat, ist 20 Jahre später auf der Titelseite der BaZ (vom letzten Dienstag) angelangt. Zum Frühstück wird die Rest-Leserschaft von drei Kapuzenträgern begrüsst, die offensichtlich einer kriminellen Bande angehören. Die Gewaltbereitschaft signalisierenden Figuren sind düster und unscharf abgebildet. Der optische Focus liegt im Vordergrund, auf einem nach oben gerichteten, blitzenden Stellmesser. Ein drohend blickender junger Mann streckt es in krampfhaft geballter Faust dem Betrachter entgegen.

Über diesem Aufmacher-Foto steht die Schlagzeile: «Bei der Sicherheit schneidet Basel schlecht ab.» Im Frühjahr 1992, beim Messerstecher-Inserat der SVP, lautete der Titel: «Das haben wir den Linken und den Netten zu verdanken.» Auch damals spielte die Blocher-Partei auf die allgemeine Sicherheitslage an. Zugleich versuchte sie, ihren politischen Gegnern den spektakulären Mordfall von Zollikerberg in die Schuhe zu schieben.
Wenn der jüngste Messerstecher-Missgriff die Zukunft der führenden regionalen Zeitung darstellt, dann hat sie wirklich keine Zukunft. Denn Basel akzeptiert den SVP Zürich Stil nicht. Vielleicht erschien die Foto auf Anordnung eines Chefs in dieser Form. Oder es handelte sich um einen Fall vorauseilenden Gehorsams gegenüber dem Financier im Hintergrund. Egal. Harmlos ist es in keinem Fall, auch wenn nun wohl gespielt-naiv argumentiert wird: Es ist doch nur ein Bild, und der Text ordne das ganze ein, genüge mithin allen journalistischen Grundsätzen. Genau darin liegt das Perfide: «1 Bild sagt mehr als 1000 Worte», lernt jeder Journalistenschüler rund um den Globus.
Entscheidend ist der Kontext: Die Bedrohungslage (optisch) aufzuheizen ist eine bewährte Technik, um Menschen zu verunsichern und nach totalitären Lösungen rufen zu lassen. Dies passt zur Rhetorik im Umfeld der jüngsten BaZ-Wirren: Christoph Blocher fühlt sich von der Kritik an seiner Heimlichtuerei rund um die Besitzverhältnisse dieser Zeitung an die «Judenverfolgung» erinnert. Diese Aussage war ein gravierender Fehler. So lange er sich für diesen schrägen Vergleich nicht entschuldigt, ist die anschwellende Feindseligkeit gerechtfertigt, die ihm in seiner Rolle als «BaZ-Retter» entgegen schlägt. Die Debatten scheinen nie mehr abzureissen.
Wann – endlich! – geht dieses Drama zu Ende, das mit der unseligen Fusion von «National-Zeitung» und «Basler Nachrichten» vor bald 40 Jahren ihren Anfang nahm? Basel hat qualitativ hochstehende, dem städtischen Geist entsprechende, starke, witzige und intellektuell herausfordernde Medien verdient. Trotz neu aufblühender «Vielfalt» sind wir weiter davon entfernt denn je.
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